BEI ALLER KRISE

Nina_Semprecht

Steckbrief
Name: Nina Semprecht (39)
Funktion: Head of Corporate Communications
Arbeitgeber: Gebr. Heinemann
Verein: WMs Hamburg
Familie: Verheiratet, zwei Kinder (2 und 4)

Anfang 2020 wechselte Nina Semprecht mit ihrer Familie nach Hamburg und startete beim Familienunternehmen Gebr. Heinemann als Kommunikationsleiterin. Die Coronapandemie verhagelte ihren Einstieg ordentlich – und sorgte dennoch dafür, dass ihr Job aufgewertet wurde.

  

Erfrischender kann der Sprung ins kalte Wasser wohl nicht sein: Nach zehn Jahren bei der Commerzbank in Frankfurt startet Nina Semprecht am 2. März 2020 ihren neuen Job als Kommunikationsleiterin von Gebr. Heinemann in Hamburg. Um neun Uhr findet sich Nina Semprecht in der Hamburger Zentrale ein, um 11.30 Uhr nimmt sie am ersten Corona-Taskforce-Meeting teil, nachmittags präsentiert sie erste Pläne vor dem Verwaltungsrat. Um es vorwegzunehmen: Das Familienunternehmen, das in mehr als 100 Ländern Duty Free-Shops an internationalen Flughäfen, auf Kreuzfahrtschiffen und an Grenzübergängen betreibt oder beliefert, wurde empfindlich von den Auswirkungen der Coronapandemie getroffen. Mehr als ein Drittel der Mitarbeiter:innen mussten das Unternehmen verlassen, für 2021 strebt Heinemann an, 50 Prozent des 2019er Umsatzes zu erreichen. Ein sanfter Start in einen neuen Job sieht anders aus – zumal sie mit ihrem Mann und ihren zwei kleinen Kindern völlig neu im Norden starten musste.

„Ich habe mich unter anderem für Gebrüder Heinemann als Arbeitgeber entschieden, weil es ein internationales Unternehmen ist, das Reisetätigkeit und viele Kontakte außerhalb Deutschlands mit sich bringt“, erzählt Nina Semprecht. Aus der Reisetätigkeit ist bislang nichts geworden, aus der internationalen Arbeit zwischen Florida und Singapur hingegen schon. Und mehr noch: „Bei der Commerzbank habe ich viel Krisenkommunikation machen müssen. Ich hatte mich gefreut, dass es mit meinem Wechsel anders werden würde.“ Vor der Coronakrise hatte die Firma Gebr. Heinemann vor allem Aufbau und Wachstum gekannt. Jahr für Jahr war das Unternehmen gewachsen, hatte neue Standorte eröffnet und Erfolge gefeiert. Doch das war kurz nach ihrem Einstieg vorbei – führte die Coronapandemie samt Lockdown doch zu einem weltweiten Reisestopp. Ironischerweise waren diese herausfordernden Zeiten nicht zum Nachteil für die ehemalige Bankerin: „Ich war Eine der Wenigen im Unternehmen, die Abbau und Krise in diesem Umfang schon begleitet hatte“, sagt sie im Rückblick. Da fiel es nicht so sehr ins Gewicht, dass ihr die Branchenexpertise fehlte. „Außerdem machte die Krise unmissverständlich deutlich, wie wichtig professionelle, gesteuerte und regelmäßige Kommunikation ist.“ Damit meint sie, dass es gerade in Krisenzeiten wichtig ist, dass Mitarbeiter:innen und externe Stakeholder fortlaufend über neue Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten werden, um das Vertrauen ins Unternehmen zu erhalten. Kurzum: Während ihr Team zu ihrem Start aus anderthalb Mitarbeiter:innen bestand, ist es inzwischen – innerhalb nur eines guten Jahres – auf zehn Kolleg:innen angewachsen.

„Nina hat das, was viele Working Moms auszeichnet“, sagt Romana Hartke, 2. Vorsitzende der Hamburger Working Moms und Managerin bei RWE. „Sie kann sich sehr gut auf Veränderungen einstellen, sie gestalten und der Situation dabei etwas Positives abgewinnen.“ Dabei sei es egal, ob es persönliche, familiäre oder berufliche Neuerungen seien. „Sie packt Herausforderungen an, auch wenn es manchmal anstrengend ist.“

Astrid Altmann Forbes, CCO bei Linklaters, beschreibt es ähnlich: „Ich habe Nina als tolle Persönlichkeit kennengelernt, die mit Leidenschaft im Beruf steht und mit Leidenschaft Mutter ist.“ Die Münchener Working Mom war es, die Nina Semprecht in Hamburg empfahl. „Dafür sind wir Working Moms doch da: Um uns gegenseitig zu unterstützen.“

Vor ihrem Wechsel zu Heinemann hatte die Kommunikatorin zusammen mit ihrem Mann gewürfelt. Sie wollten in eine Stadt mit hoher Lebensqualität wechseln: Amsterdam, Berlin, Hamburg und Paris landeten auf einer Shortlist. Als sie in der Hansestadt ein tolles Häuschen fanden, war die Wahl entschieden. Ihr Mann kann als Manager einer Unternehmensberatung ortsunabhängig arbeiten – und so brauchte nur Nina Semprecht sich nach einer neuen Herausforderung umzugucken. Familiengeführt, international tätig und eine Vorgesetzte, die sie begeisterte und von der sie lernen könnte: Diese Punkte haben ihr die Entscheidung zugunsten von Gebrüder Heinemann leicht gemacht.

Den Umzug und den Neuanfang – ganz ohne Großeltern oder erweiterter Familie in der Nähe – gestaltete das Paar ähnlich pragmatisch: Sie fanden Kita-Plätze für ihre Kinder ganz in der Nähe ihres Wohnorts im Osten der Stadt und teilen sich die Betreuung darüber hinaus untereinander auf. Von 17 bis 20 Uhr bleibt der Rechner fast immer aus, so lautet ihre Maxime. Gut möglich, dass die Kommunikatorin den Rechner frühmorgens oder abends einschaltet, um entweder mit ihren Kolleg:innen in Asien oder den USA zu sprechen. Belastend findet sie das nicht – vorausgesetzt, sie kann sich die Zeiten einigermaßen selbstbestimmt einteilen.

Zu Nina Semprechts Selbstverständnis gehört es, auch als Ehefrau und Mutter unabhängig zu sein. „Ich versuche, junge Frauen darin zu bestärken, ihren eigenen Weg zu gehen und sich selbst finanzieren zu können.“ Ihre Überzeugung sei es, dass Frauen ihr Leben aktiv gestalten und sich dementsprechend auch für ihr berufliches Fortkommen aktiv und selbstbestimmt einsetzen sollten. Und genau deshalb findet sie auch Netzwerke wie die Working Moms so wertvoll: „Wir Frauen sollten Allianzen schmieden, uns gegenseitig fördern und vielleicht auch mal liebevoll schubsen, wenn es zum Vorteil der anderen ist.“

Stefanie Bilen, im August 2021